Büsra - Orientierung und Studienwechsel sind kein Makel

Wie lange bist du StipendiatIn bei Hans-Böckler-Stiftung? 

Ich bin seit März 2017 Stipendiatin bei der Hans-Böckler-Stiftung. Damals hatte ich im Wintersemester 2016 ein Duales Studium der Hebammenwissenschaften in Bochum begonnen und anschließend zwei Semester studiert. Im dritten Semester wechselte ich jedoch in mein jetziges Studium der Sozialen Arbeit nach Bielefeld. 

Was bedeutet das Stipendium für dich? Was hat sich seitdem verändert?

Es hat sich sehr viel geändert. Vor meinem Stipendium war ich eher schüchtern und zurückhaltend. Mit dem Stipendium und durch die ganzen Treffen und Seminare mit den anderen StipendiatInnen, bin ich selbstbewusster geworden. Ich habe richtig gemerkt, wie ich mich positiv verändere. Natürlich ist auch der finanzielle Aspekt ein großes Privileg, das einem deutlich mehr Freiräume gibt. 

Gibt es Erinnerungen an bestimmte Erlebnisse innerhalb des Stipendiums, von denen du heute noch profitierst und gerne daran zurückdenkst? 

Da fällt mir als allererstes das Einführungsseminar von der Hans-Böckler-Stiftung ein. Dort habe ich viele tolle Leute kennengelernt, mit denen ich heute immer noch Kontakt habe. Zu der Zeit ging es mir familiär nicht so gut. Durch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Menschen musste ich einfach aus mir herauskommen und mich beweisen. Was mir auch geholfen hat war ein Seminar, bei dem ich andere ErstakademikerInnen kennengelernt habe. Es war super, Andere zu treffen, die in derselben Lage waren wie ich und die vor ähnlichen Fragen standen. Außerdem fallen mir noch die Gutachtengespräche ein. Bei einem Gutachtengespräch müssen die bestehenden StipendiatInnen mit den neuen potenziellen StipendiatInnen Gespräche führen. Schlussendlich gibt es dann bei der Bewerbung zwei Gutachten, eins von den StipendiatInnen und eins von einem Vertrauensdozent. Beide werden gleich stark bei den Bewerbungen berücksichtigt. Von diesen Gutachtengesprächen profitiere ich auch immer wieder, weil ich dort mit anderen ins Gespräch komme, ihnen auf Augenhöhe begegne und den BewerberInnen etwas zurückgeben kann. Zudem nehme ich viel von den monatlichen StipendiatInnentreffen mit, weil wir dort auch einfach über Alltagsthemen sprechen. 

Ein Blick zurück auf deinen Auswahlprozess: Was glaubst du, welche Kriterien sind für eine erfolgreiche Stipendienbewerbung wichtig gewesen?

Wichtig ist definitiv Engagement. Sei es ein Ehrenamt oder jemanden zu Hause zu haben, um den man sich kümmert. Bei mir war es mein Bruder, um den ich mich gekümmert habe. Er ist dann auch über die Förderzeit hinweg zu mir gezogen. Dass so eine Art von Engagement bei einer Bewerbung auch zählt, hätte ich vor her nicht gedacht. Erst im Talentscouting wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es etwas Besonderes is.

Du hattest vorhin schon erwähnt, dass du dein Studium zwischendurch gewechselt hast: Wie hat die Stiftung darauf reagiert? 

Da mein vorheriges Studium Dual war, war es schwierig den Kontakt mit meinem Bruder zu pflegen. Mit dieser Situation ging es mir nicht gut und ich wollte etwas ändern. Hebammenwissenschaften hat mir inhaltlich gut gefallen. Dennoch habe ich gemerkt, dass mich die Begleitung der Frauen während der Schwangerschaft und ihre individuelle Beratung viel Interessanter fand, als den medizinischen Aspekt. Als ich dann einen Termin für ein Beratungsgespräch beim Stipendium machte, war ich ziemlich nervös und eigentlich sicher, dass ich nicht mehr gefördert werde. Doch es kam alles anders. Mein Betreuer redete mir sogar gut zu und ermutigte mich zu dem Schritt. Er meinte: „Wir stehen hinter dir, wollen das du einen Abschluss machst und nicht irgendwas durchziehst mit dem du unzufrieden bist. Wir wollen glückliche StipendiatInnen.“ 

Was glaubst du, welche Türen wurden dir geöffnet, die dir ohne diese Förderung verschlossen geblieben wären? 

Das Netzwerk und das in Kontakt treten mit Personen aus unterschiedlichen Bereichen sowie Studiengängen. Bei unseren regelmäßigen StipendiatInnentreffen gibt es häufig immer ein aktuelles Thema, wo ich neue Denkanstöße bekomme und plötzlich ganz viele Interessensgebiete abgedeckt werden - sei es Politik, Wirtschaft, Medizin oder im sozialen Bereich. So hinterfrage ich viel mehr und lerne unterschiedliche Blickrichtungen kennen. Außerdem ist es für mich sehr gut ein „geregeltes Einkommen“ zu haben. Ich weiß nicht, ob ich ohne das Stipendium eine eigene Wohnung bekommen hätte, in der ich meinen Bruder hätte aufnehmen können. 

Was würdest du anderen SchülerInnen sagen, die gerade überlegen, sich für ein Stipendium zu bewerben? Was würdest du ihnen mitgeben?

Probiert es einfach! Auch wenn ihr glaubt, dass ihr nicht für ein Stipendium geeignet seid. Wenn man nicht angenommen wird, dann hat man es wenigstens versucht. Ich habe auch geglaubt, ich würde es nicht bekommen und jetzt bin ich schon drei Jahre dabei.