ALVIN - Vom Schulabbrecher zum Medizinstudenten

Nüchtern betrachtet standen die Vorzeichen für eine Bildungskarriere schlecht. Denn Alvin verließ sein Gymnasium in Dortmund während der Oberstufe ohne Abitur. Über diese Zeit sagt er später selbst: „Ich habe mir nicht viele Gedanken über meine berufliche Zukunft gemacht, Karriere war mir nicht wichtig.“ Heute studiert Alvin Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und ist Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Was hat ihn verändert?

Vom Schulabrecher zum Medizinstudium

Nach seinem Schulabbruch verbrachte Alvin etwa fünf Monate bei seiner Familie auf den Philippinen. Eine Zeit, die er zur Orientierung nutzte und in der er seiner Mutter bei der Pflege der Großeltern half. Im Austausch mit seiner Mutter, die ebenfalls in Deutschland in der Pflege arbeitet, entstand seine Idee, einen medizinischen Beruf auszuüben. Zurück in Deutschland absolvierte er zunächst ein freiwilliges soziales Jahr und begann dann seine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger in der LWL-Klinik in Dortmund. Sein großes Interesse an medizinischen Themen spiegelte sich schnell in seiner Lernbegeisterung und seinen hervorragenden Schulnoten wider. Außerdem motivierte ihn die Rückmeldung der PatientInnen, um die er sich beruflich kümmerte.

Die Schulleitung seiner Berufsfachschule wurde auf den sehr engagierten Schüler aufmerksam und sprach ihn schließlich auf ein Stipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB) an, das besonders leistungsstarke Auszubildende durch berufsbezogene Fachseminare unterstützt. Sein erster Gedanke in Bezug auf Stipendien war damals noch ziemlich verhalten: „Ich bin da raus, ich pass‘ da nicht rein.“ Stipendien waren seiner Meinung nach nur Förderprogramme für Eliten oder hochbegabte SchülerInnen. Doch der Zuspruch seiner Rektorin und die Auseinandersetzung mit dem Thema gaben ihm schließlich den Mut und die Zuversicht, es doch zu versuchen. „Ich fühlte mich damals total wertgeschätzt. Allein für ein Stipendium in Betracht gezogen zu werden, war für mich eine kleine Auszeichnung.“ Seine Schulleitung unterstütze ihn mit einem Empfehlungsschreiben der Fachschule. Schließlich wurde er in das Förderprogramm der SBB aufgenommen.

„Ich bin da raus, ich pass‘ da nicht rein.“

Durch diesen Motivationsschub war Alvin überzeugt, noch mehr aus sich herausholen zu können, und so absolvierte er nach seiner Ausbildung berufsbegleitend sein Abitur am Abendgymnasium des Westfalen-Kollegs in Dortmund im Bildungsgang: „abitur.online“. Trotz der Belastung von 20 Wochenarbeitsstunden im Krankenhaus, den Lernphasen am Wochenende sowie der Weiterbildungsseminare der SBB schaffte er ein großartiges Abitur mit einem Notenschnitt von 1,1. Sein Traum von einem Medizinstudium rückte auf einmal in greifbare Nähe.

Aufgrund seiner herausragenden Abiturnoten schlug seine Schule ihn als Jahrgangsbesten für ein Stipendium bei der Studienstiftung des deutschen Volkes vor. „Mittlerweile war ich offener für das Thema Stipendien“, sagte er später. Deshalb meldete er sich für eine Informationsveranstaltung des NRW-Talentscoutings an der FH Dortmund an. Dort konnte er sich mit einem Talentscout über die Fördermöglichkeiten eines Studienstipendiums und auch über seine beruflichen Zukunftspläne austauschen. „Es hat mir sehr geholfen, meine Studienpläne und -wünsche mit einer Person zu teilen, die daran interessiert ist, mich zu unterstützen. So wurde ich zusätzlich auf das Hans-Böckler-Stipendium des DGB aufmerksam gemacht und ganz praktisch auf die Bewerbungsverfahren vorbereitet – vom Anschreiben bis zum Testlauf für das Vorstellungsgespräch.“ Die Empfehlungsschreiben für das Stipendienwerk kamen vom Personalrat und der Pflegedirektion der LWL-Klinik Dortmund. Da er nach seiner Ausbildung immer noch dort arbeitete und sich in seiner Freizeit sozial engagierte, stand er im engen Kontakt mit den Auszubildenden und MitarbeiterInnen in Dortmund.

Stipendium kam zum richtigen Zeitpunkt

Das Abenteuer Medizinstudium in Freiburg wäre Alvin in jedem Fall angetreten. Das Stipendium hat ihm dabei aber den finanziellen Druck genommen und ein wertvolles Netzwerk mit an die Hand gegeben. So kam die Zusage von der Hans-Böckler-Stiftung zum richtigen Zeitpunkt, als sich Alvin in einer fremden Stadt und einer neuen Umgebung zurechtfinden musste. „Ich hatte sofort Kontakt zu anderen Stipendiaten aus den Gesundheitsstudiengängen, konnte mich in Fachfragen austauschen und Bekanntschaften schließen.“ Im März 2019 folgte dann sogar noch die Zusage von der Studienstiftung des deutschen Volkes. Das Luxusproblem stellte Alvin vor die schwere Entscheidung, ein Werk wählen zu müssen. Nach langer Überlegung wechselte er zur Studienstiftung des deutschen Volkes.

Wenn er heute auf seine Entwicklung vom Schulabbrecher zum Medizinstudenten schaut, kann er es manchmal selbst kaum glauben, welchen Weg er geschafft hat. Vieles schaffte er aus eigenem Antrieb, trotzdem wird er nie die Unterstützung und Bestätigung vergessen, die ihm zuteilwurde. „Zu hören, du kannst was, hat einfach etwas Aufwertendes.“ Dann denkt er auch an seine Zeit bei seiner Familie auf den Philippinen zurück und weiß, dass es dort Jugendliche gibt, die nicht so viele Chancen haben wie er. Diese möchte er deshalb später gezielt unterstützen: „Irgendwann möchte ich eine eigene Stiftung für die Philippinen gründen und etwas zurückgeben.“